Kunstgalerie Stenkelfeld

Campingplatz "Suleika"

Die Kunstgalerie Stenkelfeld präsentiert:
100 Meisterwerke


"Deutscher Wohnwagen"

Eheleute Günther und Doris Erpenbeck
Campingplatz "Suleika", Rüdesheim 1996
Dreidimensionaler Realismus
4 Meter 12 x 1 Meter 94 auf Rasen, gemäht

"Schade daß wir hier keinen Kabelanschluß haben!"
Dieser letzte, von der Gattin weinerlich angeprangerte Makel
hat den Schöpfer unseres heutigen Kunstwerkes nie ganz zur
Ruhe kommen lassen. Und so bleibt hier das Prinzip
Vollkommenheit gleichsam kontrametaphorisch gestört.
Deutscher Wohnwagen wirkt - vielleicht gerade deshalb -
oberflächlich betrachtet wie ein weiteres ouvre nouvre des
kubistischen Realtourismus nach dem Vorbild eines
baltischen Deichselgängers.

Aber das Werk schöpft tiefer. Da ist der zum Sprung
geduckte Jägerzaun im Vordergrund. Mit feinem Pinselstrich
Bondex-imprägniert, die messerscharfen Spitzen gehärtet
nach längst vergessener Waffenkunst karthagischer Krieger,
wird er feindlichen Nachbarn noch trotzen, wenn wir schon
alle nicht mehr sind. Dahinter die Hecke aus Zierrosen.
Mit dem Auge des Uhrmachers gestutzt und mit Dornen
bewehrt gleich Giftzähnen der Kobra des Klypidionos im
Gral der Medusen, bestraft sie des ungebetenen Gastes Tritt
ins Geharkte.

Ein weißbärtiger Gartenzwerg kaschiert mit klobigem Stiefel
ein kleines Grillmalheur. Unverzeihlich eingebrannt in
vollkommenes Grün. Mit gefrorenem Lächeln entlockt der
Kobold seiner Zieharmonika ein spottisches Lied von
Rheuma und Langeweile.

Die überwässerten Geranien im braunen Blumenkasten aus
unzerstörbarem Duroplast hängen wie betäubt in den
Schwaden einer gewaltigen Mehlschwitze, die durch das
angelehnte Wohnwagenfenster ziehen, um sich dann,
beflügelt von der Thermik über dem braun-orangenen
Vorzeltdach, mit den Dünsten der Kohlroulade von gestern
zu vereinen. Und dann doch der Bruch in Erpenbecks
Botschaft, die uns bis hier mutig aus den Zwängen von
Optimismus und Lebensfreude befreien will.

Vor Ort...

Auf der mit Heißwachs handkonservierten Lackschicht der
Rückwand wagt ein ausgeblichener Aufkleber den Versuch
anarchischer Heiterkeit: NICHT HUPEN - FAHRER TRÄUMT
VOM SV ALSENBORN! Da ist er also, der prosaische
Brückenschlag vom 'hier und jetzt' zum 'einst und dort'.

Deutscher Wohnwagen entspräche in Gänze dem goldenen
Schnitt klappsymmetrischer Strenge des späten Andre
Chabraque, wäre da nicht die Schieflage der mächtigen
Parabolschüssel auf dem Wagendach. Hingestreckt wie die
Bettelschale eines Straßenkindes in den Slums von Kalkutta,
durchsucht sie das Firmament nach Zerstreuung.


Man hat ja noch keinen Kabelanschluß.

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