Kunstgalerie Stenkelfeld

Pizzeria Roma

Die Kunstgalerie Stenkelfeld präsentiert:
100 Meisterwerke


"Die Tischdecke"

150 x 130 cm
Pizzeria Roma nach 23 Uhr
Naturprodukte auf Leinen

Im Gegensatz zu den vorangegangenen, ungelösten Rätseln der Menschheit, entfaltet sich das Mysterium abstrakter Kunst praktisch von selbst. Und wie schon bei der Autobahnbaustelle an der A1, der lnspektionsrechnung, dem Deutschen Wohnwagen oder dem Schreibtisch im Bauordnungsamt sind es auch im nächsten Werk eben nicht die populären Avantgardisten, sondern Menschen wie du und ich, die scheinbar unbeabsichtigt Großes schaffen. Ein kleines Hungergefühl zu später Stunde führt im Folgenden zu unverhofftem Kunstgenuß.


"Igittt, Liebling, nichts wie 'raus hier!" sagte einmal ein durchreisender Geschäftsmann aus dem Westfälischen zu seiner Gattin in Verkennung des Kunstwerkes, das wir heute einmal näher betrachten wollen. Obwohl unverkennbar in der Tradition der norditalienischen Spätgymnastik, stehen wir hier vor einem Deckengemälde, das mit den traditionellen Deckengemälden eines Michelangelo nur noch wenig gemein hat. Scheinbar regellos und im willkürlichen Nebeneinander wollen sich die hingetupften Fragmente vor unseren Augen zerstreuen, um sich bei näherem Schauen zu einem Spiegel des Lebens wieder zusammenzufinden.
Da ist der prall gefüllte Aschenbecher in der Bildmitte. Großherzig läßt er die Umgebung an seinem Uberfluß teilhaben und hüllt ein verlorenes Salatblatt in tristes Grau. Zerknüllte Servietten scharen sich wie schutzsuchende Polarfuchswelpen unter ein Alpenveilchen, das - von einem verschmähten Amaretto getränkt - seine Blütenpracht über eine tote Garnele wirft, als wolle es die verdorrten Gebeine eines Kameraden mit einem Feldmantel bedecken. Eine festgetrocknete Pepperoni stemmt sich mit letzter Kraft gegen ein Lambrusco-Rinnsal, das zunächst spielerisch nach links ausweicht, um sich dann doch in einem angebissenen Stück gekrusteten Weißbrots zu verlieren, gleichsam wie der Strom des Glücks im Schwamm der Zeit. Vor allem die Symbole der Angst und der Gefahr sind es, die den Gast zunächst vor dem Kunstwerk zurückschrecken lassen.

Detail...

Da sind die beiden schwarzen Oliven am linken Bildrand; einer Gemüsepizza entrissen, lauern sie unbeweglich in einer schwarzen Espressopfütze wie Ölfrüchte in einem Kaffeerest, als wollten Sie aller Welt zurufen: Seht her! Wir sind doch nur Beilagen im schwarzen Meer des Ungeschicks! Arrogant und feindselig schlängelt sich eine grüne Bandnudel durch das gleich einem Lavastrom erkaltete Wachs einer längst verloschenen Kerze. Beim ungeübten Betrachter verursacht dieses Deckengemälde vordergründig den Wunsch nach Distanz.
So ist es auch nur der strikten Annahmeverweigerung der Wäscherei Görtemöller zu verdanken, daß uns das Kunstwerk im Originalzustand erhalten ist. Seine Schöpfer haben es aus Bescheidenheit und vielleicht auch aus Furcht vor vergänglichem Ruhm ohne Signatur hinterlassen. In Form und Farbgebung wird es heute auf das Zusammenwirken einer niedersächsischen Busreisegruppe mit einer studentischen Wohngemeinschaft aus dem Süddeutschen zurückgeführt.
Das Original ist gerettet - doch die Nachahmer lauern überall.

zurück