Kunstgalerie Stenkelfeld

Die Autobahnbaustelle

Die Kunstgalerie Stenkelfeld präsentiert:
100 Meisterwerke


"Die Autobahnbaustelle"

Bundesautobahn 1
Anschlußstellen Hamburg-Ost bis Lübeck/Bad Schwartau
Gegenständliche Installation 0,2 x 63 km
Verschiedene Materialien auf Schotterbett; gewalzt
Diekelhoff & Schröder KG und Ingenieurbüro Wittmann
1990 - ?

"Der alte Wittmann ist mir zeitlebens ein Rätsel geblieben",
sagte einmal dessen
Haushälterin, "immer, wenn er eine
neue Baustelle begann, wußte er nie im voraus, wann und
wie sie einmal enden würde."

Diese
liebevoll-naive Aussage einer frühen Zeitzeugin erfaßt
das künstlerische Wollen Felix Wittmanns in einem Satz.
Bereits im Jahre 1912 schuf der Elementarkünstler mit
seinen Ausschachtungsarbeiten am Pankower Kreisel das
bis auf den heutigen Tag meistbewunderte
Verkehrshindernis Berlins.
Nach vielen Jahren
rastlosen Umgrabens verschiedener
Neubaugebiete erfüllte sich Wittmann seinen alten
Lebenstraum und verwirklichte seine Vision von einer
zeitlosen Großbaustelle an der Autobahn 1.
Ein Werk, daß Wittmann selbst als ein Monument der
Unnachgiebigkeit verstanden wissen wollte. Nur der
strengen Zurückhaltung der Baufirma Diekelhoff und
Schröder ist es zu verdanken, daß uns das Kunstwerk bis
heute unberührt erhalten geblieben ist: Auch nach all den
Jahren erdrückt das
Gesamtmotiv den Betrachter mit
wuchtig aufgetürmten Bergen gelben Sandes, spielerisch
verfaultes
Schalholz umschmeichelt wie zu einer
Liebeswerbung verrostete Stahlmatten in geborstenem
Beton. Öl- und Reifenspuren von schwerem Gerät verlieren
sich
endlos in Lehm und Geröll.

Stilleben...


Aber Wittmann wäre nicht Wittmann, wenn er der
vordergründigen Rohheit der Installation nicht unmittelbar
pittoreske Kontraste gegenübergestellt hätte: Wie zufällig
flattert ein rot-weißes Absperrband im Wind - ein gelber
Schutzhelm pendelt verloren am Schaltgestänge einer
längst verlassenen Dampfwalze.

Wittmanns Werk genießt den Ruhm, den es verdient.
Es gilt heute - so der Göttinger Kunsthistoriker Prof.
Oswald Ziegler - als das
"Disneyland der Avantgarde".
Kilometerlange Besucherströme werden Jahr für Jahr in
einer werkgerechten, einstreifigen Verkehrsführung im
Schrittempo durch das
Arrangement geleitet und durch in
die Fahrbahn eingesenkte, reflektierende Metallnoppen
mahnend aufgerüttelt.

Felix Wittmann ist gegangen - seine Baustellen
werden bleiben.

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